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Steuernews 10/2018

Steuerblick 10/2018

Aktuelle Informationen aus dem Steuerrecht

Oktober 2018

1. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen – kein EU-Vorbehalt

2. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus

3. Arbeitgebergeförderte Zusatzkrankenversicherung: Barlohn oder ggf. steuerfreier Sachlohn?

4. Versandkosten sind in die Berechnung der 44 €-Freigrenze bei Sachbezügen einzubeziehen

5. Anschaffungsnahe Aufwendungen: Unvermutet angefallene Kosten zur Wiederherstellung des zeitgemäßen Zustands eines Mietobjekts

 

1. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen – kein EU-Vorbehalt

Bereits im vergangenen Jahr hat der Gesetzgeber umfangreiche steuerliche Regelungen geschaffen, um Sanierungserträge steuerfrei zu stellen. Solche Sanierungserträge entstehen insbesondere dann, wenn im Rahmen einer Sanierung Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten, so dass beim zu sanierenden Unternehmen die entsprechenden Verbindlichkeiten ertragswirksam auszubuchen sind. Eine Besteuerung dieses Ertrags kann den Erfolg der Sanierung des Unternehmens gefährden. Diese gesetzliche Änderung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Finanzverwaltung auch bislang schon auf Grund des sog. Sanierungserlasses derartige Sanierungsgewinne – unter ähnlichen Voraussetzungen wie die jetzige Gesetzesfassung – steuerfrei gestellt hatte. Diese Steuerfreistellung allein auf Basis einer Verwaltungsauffassung verstieß allerdings gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, so dass der Bundesfinanzhof im Februar 2017 diese Praxis der Finanzverwaltung verworfen hatte.

Die in 2017 beschlossene gesetzliche Neuregelung steht allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Prüfung durch die EU-Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht. Für das Inkrafttreten ist nach der gesetzlichen Regelung ein Beschluss der EU-Kommission erforderlich, dass die Regelungen entweder keine oder mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen darstellen. Diese Frage lag der EU-Kommission zur Prüfung vor. Nach einer Pressemitteilung hat die EU-Kommission dem Bundesfinanzministerium mitgeteilt, dass sie die deutsche Regelung zur Erleichterung von Sanierungsfällen nicht für eine europarechtswidrige Beihilfe hält. Bei der Äußerung der EUKommission gegenüber dem Bundesfinanzministerium handelt es sich allerdings nicht um einen Beschluss, sondern lediglich um einen sog. comfort letter, der in seiner Bindungswirkung einem Beschluss der EU-Kommission nachsteht. Insofern sind die gesetzlichen Anforderungen an das Inkrafttreten der Regelungen zur Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen nach wie vor nicht erfüllt. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber diese Frage in einem der aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren durch eine Gesetzesanpassung löst.

 

Handlungsempfehlung:

Im Grundsatz besteht zwar aktuell immer noch keine Rechtssicherheit hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass die gesetzlichen Regelungen in Kraft treten. Da der Bundesfinanzhof nunmehr bereits mehrfach entschieden hat, dass der Sanierungserlass der Finanzverwaltung auch auf Altfälle nicht angewendet werden darf, bleibt abzuwarten, ob diese Frage durch den Gesetzgeber geregelt wird.

Hinweis:

Die neuen gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass ein Sanierungsertrag, also ein Gewinn aus einem Schuldenerlass zum Zwecke der Sanierung, unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei gestellt wird. Die Steuerbefreiung ist nicht antragsgebunden, sondern erfolgt – ohne Wahlrecht des Stpfl. – von Amts wegen. Die Steuerbefreiung soll nach den bisherigen Regelungen für Sanierungsmaßnahmen ab dem 8.2.2017 gelten. Voraussetzung der Steuerfreiheit ist – wie bislang auch – die Sanierungsbedürftigkeit sowie die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger. Diese Voraussetzungen werden regelmäßig durch den Sanierungsplan nachgewiesen. Wegen der Unbestimmtheit der Rechtsbegriffe ist in der Praxis zu prüfen, ob hier eine Absicherung durch eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung erfolgen soll.

Im Gegenzug zur Steuerfreistellung der Sanierungserträge dürfen Betriebsausgaben, die mit einem steuerfreien Sanierungsertrag in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden. Dies betrifft z.B. Kosten für den Sanierungsplan und die Sanierungsberatung.

Zu beachten ist, dass die gesetzliche Regelung – anders als der frühere Sanierungserlass – die Steuerbefreiung an eine vorrangige Verlustverrechnung koppelt. Insoweit soll eine Doppelbegünstigung durch die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen und eine weitere Nutzung von Verlusten und Verlustvorträgen verhindert werden. Das Unternehmen hat daher im Zuge der Steuerfreistellung sämtliche Verlustpotenziale auszuschöpfen und muss im Sanierungs- wie auch im Folgejahr gewinnmindernde Wahlrechte zwingend ausüben. Der nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsertrag ist steuerfrei, mindert aber die laufenden Verluste und den Verlustvortrag nach einer bestimmten, vom Gesetz vorgegebenen Reihenfolge. Dies gilt sowohl für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als auch für die Gewerbesteuer.

 

2. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus

Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus soll der Mietwohnungsneubau nun auch durch eine steuerliche Sonderabschreibung gefördert werden. Neben der normalen Abschreibung von in der Regel 2 % pro Jahr soll eine Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden drei Jahren von jeweils bis zu 5 % ermöglicht werden. Bemessungsgrundlage sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der begünstigten und förderfähigen Wohnung, maximal jedoch 2 000 € je qm Wohnfläche.

 

Die Sonderabschreibungen sollen nur in Anspruch genommen werden, wenn:

– durch Baumaßnahmen auf Grund eines nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neuer, bisher nicht vorhandener Wohnraum in einem Gebäude geschaffen wird, der für die entgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken geeignet ist,

– die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3 000 € je m² Wohnfläche nicht übersteigen und

– die Wohnung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dient.

– Ein Verstoß gegen die Nutzungsvoraussetzungen führt zur rückwirkenden Versagung der bereits in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen.

 

Hinweis:

Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt hinsichtlich der genauen Ausgestaltung der Sonderabschreibung abzuwarten.

 

3. Arbeitgebergeförderte Zusatzkrankenversicherung: Barlohn oder ggf. steuerfreier Sachlohn?

Im Grundsatz unterliegt sowohl Barlohn als auch Sachlohn der Lohnsteuer und der Sozialversicherung. Allerdings besteht die Besonderheit, dass Sachbezüge bis zu 44 € pro Monat steuer- und sozialversicherungsfrei sind. Insofern handelt es sich um eine Freigrenze, so dass bereits ein geringfügiges Überschreiten dieses Grenzwerts dazu führt, dass der gesamte Betrag der Lohnsteuer und Sozialversicherung unterliegt. Jedenfalls bietet diese Freigrenze Gestaltungsmöglichkeiten, um den Arbeitnehmern Lohnbestandteile in Form von Sachlohn abgabenfrei zukommen zu lassen. Im Einzelnen sind dabei verschiedene Voraussetzungen zu beachten.

Zunächst ist in diesen Fällen stets zu prüfen, ob Barlohn oder aber Sachlohn vorliegt. Für die Abgrenzung ist der auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu ermittelnde Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend. Dies verdeutlichen die beiden vom Bundesfinanzhof aktuell entschiedenen Urteile zu arbeitgebergeförderten Zusatzkrankenversicherungen. In den Urteilen vom 7.6.2018 (Aktenzeichen VI R 13/16) und vom 4.7.2018 (Aktenzeichen VI R 16/17) kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Gewährung von Krankenversicherungsschutz in Höhe der Arbeitgeberbeiträge

Sachlohn darstellt, wenn der Arbeitnehmer auf Grund des Arbeitsvertrags ausschließlich Versicherungsschutz, nicht aber eine Geldzahlung verlangen kann;

– demgegenüber wendet der Arbeitgeber Geld und keine Sache zu, wenn er einen Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass der Arbeitnehmer mit einem vom ihm benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt.

 

Die Urteilsfälle lagen wie folgt:

– Im Fall VI R 13/16 schloss der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer für die Mitarbeiter des Unternehmens bei zwei Versicherungen (Gruppen-) Zusatzkrankenversicherungen für Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen sowie Zahnersatz ab. Die für den Versicherungsschutz des Stpfl. vom Arbeitgeber gezahlten monatlichen Beträge blieben unter der 44 €-Freigrenze. Der Bundesfinanzhof bestätigte das Vorliegen von Sachlohn.

– In der Sache VI R 16/17 informierte der Arbeitgeber in einem „Mitarbeiteraushang“ ihre Arbeitnehmer darüber, ihnen zukünftig eine Zusatzkrankenversicherung über eine private Krankenversicherungsgesellschaft anbieten zu können. Mitarbeiter nahmen das Angebot an und schlossen unmittelbar mit der Versicherungsgesellschaft private Zusatzkrankenversicherungsverträge ab. Die Versicherungsbeiträge wurden von den Mitarbeitern direkt an die Versicherungsgesellschaft überwiesen. Hierfür erhielten sie monatliche Zuschüsse von der Stpfl. auf ihr Gehaltskonto ausgezahlt, die regelmäßig unter der 44 €-Freigrenze blieben. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs handelt es sich um Barlohn. Ein Sachbezug liege nur vor, wenn auch ein arbeitsrechtliches Versprechen erfüllt wird, das auf Gewährung von Sachlohn gerichtet ist. Der Arbeitgeber hatte in diesem Fall aber letztlich nur den Kontakt zu dem Versicherungsunternehmen vermittelt und bei Vertragsschluss einen Geldzuschuss versprochen. Damit hatte sie ihren Arbeitnehmern – anders als im erstgenannten Fall – keinen Versicherungsschutz zugesagt.

 

Hinweis:

Der Bundesfinanzhof weist in seiner Pressemitteilung zu diesen Urteilen auf die Konsequenzen dieser Differenzierung in der Praxis hin. Und zwar ergibt sich aus dieser differenzierenden Betrachtung eine Gestaltungsfreiheit für den Arbeitgeber, welcher einer Abwägung im Einzelfall bedarf:

 

– Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, seinen Arbeitnehmern – wie im erstgenannten Fall – unmittelbar Versicherungsschutz zu gewähren, liegt zwar einerseits begünstigter Sachlohn vor, andererseits ist das Potenzial für weitere Sachbezüge angesichts der monatlichen Freigrenze von höchstens 44 € erheblich eingeschränkt. Denn jegliche Überschreitung der Freigrenze führt zum vollständigen Entfallen der Steuerfreiheit.

– Diesem Risiko kann der Arbeitgeber dadurch begegnen, dass er seinen Arbeitnehmern – wie im zweitgenannten Fall geschehen – lediglich einen (von vornherein steuerpflichtigen) Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass diese eine eigene private Zusatzkrankenversicherung abschließen. In diesem Fall unterliegt der Zuschuss der Lohnsteuer und der Sozialversicherung. Wenn der Arbeitgeber die insoweit anfallende Lohnsteuer übernimmt, stellt dies allerdings wiederum einen zu versteuernden Lohn dar.

 

4. Versandkosten sind in die Berechnung der 44 €-Freigrenze bei Sachbezügen einzubeziehen

Sachbezüge sind monatlich bis zu 44 € steuerfrei. Insofern handelt es sich allerdings um eine Freigrenze, so dass bereits ein geringfügiges Überschreiten des 44 €-Grenzwerts dazu führt, dass der gesamte Betrag der Lohnsteuer unterliegt. Daher ist die Ermittlung des steuerlichen Werts des Sachbezugs von besonderer Bedeutung. Hierzu stellt der Bundesfinanzhof nun mit Urteil vom 6.6.2018 (Aktenzeichen VI R 32/16) Folgendes fest:

– Nach den gesetzlichen Vorgaben ist der Sachbezug mit dem „üblichen Endpreis“ zu bewerten. Üblicher Endpreis ist der Endverbraucherpreis und damit der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlte günstigste Einzelhandelspreis am Markt.

– Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze von 44 € einzubeziehen.

– Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis im Sinne der gesetzlichen Vorschrift zur Bewertung des Sachbezugs enthalten, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung „nach Hause“ bei der Berechnung der Freigrenze von 44 € zum Warenwert hinzu.

 

Im Urteilsfall gewährte der Arbeitgeber seinen Mitarbeiten unter bestimmten Voraussetzungen Sachprämien (insbesondere handelsübliche Verbrauchsgüter, u.a. Unterhaltungselektronik, Werkzeuge, Kosmetik, Bekleidung, Lebensmittel, Haushaltsgeräte). Hierzu bediente er sich der Firma X-GmbH. Jeder bezugsberechtigte Arbeitnehmer konnte über einen Onlinezugang monatlich aus der Angebotspalette der X-GmbH einen Sachbezug auswählen. Anschließend bestellte der Arbeitgeber die Ware bei der X-GmbH, die ihm nebst einer sog. Versand- und Handling-Pauschale in Rechnung gestellt wurden. Nach dem Ausgleich der Rechnung bezog die X-GmbH die Waren von ihren Lieferanten und versandte sie an den jeweiligen prämienberechtigten Mitarbeiter der Stpfl. oder händigte die Waren dem Arbeitgeber zur Verteilung im Betrieb aus. Der dem Arbeitgeber in Rechnung gestellte Bruttobetrag der Sachbezüge einschließlich Umsatzsteuer betrug regelmäßig 43,99 €. Darüber hinaus hatte dieser in der Regel für jede Bestellung eine Versand- und Handling-Pauschale i.H.v. 6 € zu zahlen.

Das Finanzamt bezog die Versand- und Handling-Pauschale in die Ermittlung der 44 €-Freigrenze ein, so dass diese überschritten war und mithin der Sachbezug der Lohnsteuer unterlag. Das Gericht führt zur Ermittlung des Werts des Sachbezugs aus, dass der Sachbezug im Grundsatz nach den Kosten bemessen werden kann, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat, sofern der Arbeitgeber die Ware oder Dienstleistung aus Quellen bezogen hat, die auch Endverbrauchern zugänglich sind, und die Kosten um etwaige Nachlässe (etwa Mengenrabatte) bereinigt werden, die Endverbraucher nicht erhalten hätten. Eine hiervon abweichende Wertbestimmung bedarf des konkreten Nachweises, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert des Sachbezugs nicht entspricht.

Fracht-, Liefer- und Versandkosten zählen im Grundsatz nicht zum maßgeblichen Endpreis. Es handelt sich hierbei nicht um die Gegenleistung des Letztverbrauchers für die Ware. Liefert allerdings der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Die Kosten des Arbeitgebers hierfür erhöhen deshalb nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts. Vielmehr liegt ein gesonderter Sachbezug vor. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es an einer Bereicherung fehlen kann, wenn der Arbeitnehmer für das Empfangene selbst nichts hätte aufwenden müssen.

 

Hinweis:

In diesen Fällen ist also stets zu prüfen, ob die Lieferung der Ware ein selbständiger Sachbezug ist, der die insgesamt steuerlich relevanten Sachbezüge des Monats erhöht und dann ggf. zum Überschreiten der 44 €-Grenze führen kann.

Bei diesem Urteil zeigt sich einmal mehr, dass die 44 €-Freigrenze Gestaltungsmöglichkeiten bietet, aber in diesen Fällen auch sehr sorgfältig der Wert des Sachbezugs ermittelt werden muss. Im vorliegenden Fall hätte der Arbeitgeber das von der Firma X-GmbH angebotene Modell mittels Lohnsteueranrufungsauskunft beim Finanzamt prüfen lassen können. Dies sollte immer dann in Erwägung gezogen werden, wenn ein solches Gestaltungsmodell in einer größeren Zahl an Fällen angewendet werden soll und damit das steuerliche Risiko hoch ist.

 

5. Anschaffungsnahe Aufwendungen: Unvermutet angefallene Kosten zur Wiederherstellung des zeitgemäßen Zustands eines Mietobjekts

Fallen bei einem Vermietungsobjekt in den ersten Jahren nach Erwerb Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen an, so ist die Grenze für den sog. anschaffungsnahen Aufwand zu beachten. Vereinfacht ausgedrückt sind Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen immer dann als Herstellungskosten einzustufen und können mithin nur über die Abschreibung (bei Wohngebäuden regelmäßig also über einen Zeitraum von 50 Jahren) zeitlich verteilt geltend gemacht werden, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes anfallen und ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Wird diese Wertgrenze nicht überschritten, können solche Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten vollumfänglich und sofort steuerlich als Erhaltungsaufwendungen geltend gemacht werden.

 

Hinweis:

In zeitlicher Hinsicht beginnt diese Frist mit dem Tag der Anschaffung des Gebäudes und endet drei Jahre später, ist also nicht an das Kalenderjahr gebunden. Die Berechnung erfolgt auf den Tag genau.

Der Bundesfinanzhof hatte in drei grundlegenden Urteilen v. 14.6.2016 (Aktenzeichen IX R 25/14, IX R 15/15 und IX R 22/15) zur Abgrenzung des steuerlichen Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten eine weite Auslegung bestätigt. Auch Schönheitsreparaturen (z.B. Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, Streichen von Fußböden, Heizkörper, Innen- und Außentüren sowie Fenster) und Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft sowie Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung zählen zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Dies gilt selbst dann, wenn sie nicht in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen angefallen sind. Nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören Erhaltungsaufwendungen, die üblicherweise jährlich anfallen, wie z.B. Heizungswartung, Aufzugswartung oder Ablesekosten.

Der Bundesfinanzhof stellt nun zur Abgrenzung anschaffungsnaher Herstellungskosten mit Urteil vom 13.3.2018 (Aktenzeichen IX R 41/17) weiter fest:

 

 – Unvermutete Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen, die lediglich dazu dienen, Schäden zu beseitigen, welche auf Grund des langjährigen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den Nutzungsberechtigten entstanden sind, führen unter den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten.

– Dies gilt auch, wenn im Rahmen einer solchen Renovierung „verdeckte“, d.h. dem Stpfl. im Zuge der Anschaffung verborgen gebliebene, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Mängel, behoben werden. Im Urteilsfall erwarben die Stpfl. in 2012 eine vermietete Eigentumswohnung (Kaufpreis 60 000 €; anteilige Anschaffungskosten für das Gebäude 40 316 €) und machten in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 Instandhaltungsaufwendungen i.H.v. insgesamt 12 406 € geltend, die anteilig auf die Erneuerung des Badezimmers (8 517 €), die Erneuerung der Elektroinstallation (2 000 €), den Einbau von Fenstern (1 275 €), den Austausch einer Scheibe (186 €) sowie auf verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien (428 €) entfielen.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid lediglich die Kosten für verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien i.H.v. 428 € als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen; die übrigen Aufwendungen i.H.v. 11 978 € ordnete das Finanzamt den anschaffungsnahen Herstellungskosten zu und berücksichtigte diese lediglich im Rahmen der Abschreibungen.

Im Einspruchsverfahren trugen die Stpfl. vor, bei den durchgeführten Arbeiten habe es sich um Schönheitsreparaturen gehandelt. Überdies könne die Sonderregelung für anschaffungsnahe Aufwendungen im Streitfall nicht zur Anwendung kommen, da die langjährige Mieterin kurz nach Erwerb der Wohnung plötzlich verstorben sei und die Wohnung ohne Durchführung der Sanierungsmaßnahmen nicht erneut habe vermietet werden können. Das Badezimmer sei 40 Jahre alt und verwohnt, die Fenster lediglich einfach verglast, die Fensterrahmen defekt und die Fußböden schadhaft gewesen. Die Elektroinstallation habe nicht mehr dem aktuellen VDE-Standard entsprochen. Diese Situation sei für die Stpfl. nicht vorhersehbar gewesen. Der Einspruch der Stpfl. hatte keinen Erfolg.

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Im Kern argumentiert das Gericht, dass im Regelfall von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes ausgegangen werden kann, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Insoweit enthält die gesetzliche Vorschrift eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Im Rahmen dieser Regelvermutung sind auch die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung verdeckter – im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener – Mängel den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Gleiches gilt für Kosten zur Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes angelegter, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte; auch solche Aufwendungen sind ihrer Natur nach verdeckte Mängel und mithin in die Betragsgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten mit einzubeziehen.

Der Bundesfinanzhof bestätigt also die restriktive Auslegung des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten. In der Praxis sollte daher tunlichst vermieden werden, dass die 15 %-Schwelle in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb der Immobilie überschritten wird. Ggf. ist das zeitliche Aufschieben von Maßnahmen sinnvoll.

 

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