banner2023a

Steuernews 04/2017

SteuerBlick

Aktuelle Informationen aus dem Steuerrecht

April 2017

 

Inhaltsübersicht

1. Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr

2. Bewertung von Immobilien bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer

3. Grundsatzentscheidung: Keine Steuerermäßigung für vertragsgemäße Kapitalauszahlung aus einer Pensionskasse

4. Fahrtkosten bei Leiharbeitnehmern

5. Arbeitszimmer bei Bereitschaftsdienst am Wochenende

6. Berücksichtigung des Barausgleichs des Stillhalters bei Optionsgeschäften als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

7. Bestätigung: Verluste aus verfallenen Knock-out-Produkten können steuerlich geltend gemacht werden

8. Verluste aus der Veräußerung von Aktien, wenn der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt

 

 

1. Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr

Das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr ist in Kraft getreten und sieht – mit Wirkung ab dem 1.1.2017 und zeitlich befristet bis zum 31.2.2020 – folgende Steuervorteile vor:

»» Vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektro- oder Hybridfahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens und für die zeitweise zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Ladevorrichtungen sind steuerfrei. Begünstigt ist das Aufladen sowohl privater Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuge des Arbeitnehmers als auch betrieblicher Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuge des Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer (auch) zur privaten Nutzung überlassen werden (sog. Dienstwagen).

Hinweis:

Wird der geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens zu privaten Fahrten nach der 1 %-Regelung ermittelt, ist der geldwerte Vorteil für den vom Arbeitgeber verbilligt oder unentgeltlich gestellten Ladestrom bereits abgegolten. Die Steuerbefreiung wirkt sich also nicht aus. Bei Anwendung der individuellen Nutzungswertermittlung (Fahrtenbuchmethode) bleiben Kosten für den vom Arbeitgeber verbilligt oder unentgeltlich gestellten, steuerfreien Ladestrom bei der Ermittlung der insgesamt durch das Kraftfahrzeug entstehenden Aufwendungen (Gesamtkosten) außer Ansatz.

»» Der geldwerte Vorteil aus der Übereignung einer Ladevorrichtung sowie für Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb und die Nutzung einer Ladevorrichtung können wahlweise entweder individuell oder pauschal mit 25 % besteuert werden. Es ist aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn als Bemessungsgrundlage der pauschalen Lohnsteuer für die Übereignung der Ladevorrichtung die Aufwendungen des Arbeitgebers für den Erwerb der Ladevorrichtung (einschließlich Umsatzsteuer) zugrunde gelegt werden.

»» Nutzt der Arbeitnehmer sein privates Elektrofahrzeug oder Hybridelektrofahrzeug für Dienstfahrten, kann er die gesetzlich festgelegten pauschalen Kilometersätze aus Vereinfachungsgründen auch dann ansetzen, wenn der Arbeitnehmer steuerfreie Vorteile oder pauschal besteuerte Leistungen und Zuschüsse vom Arbeitgeber für dieses Elektrofahrzeug oder Hybridelektrofahrzeug erhält.

Hinweis:

Voraussetzung für die vorgenannten Vergünstigungen ist stets, dass die Zuwendungen des Arbeitgebers zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen.

Handlungsanweisung:

Aus Vereinfachungsgründen ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die steuerfreien Vorteile im Lohnkonto des Arbeitnehmers aufzuzeichnen. Erhebt der Arbeitgeber die Lohnsteuer pauschal, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers für den Erwerb der Ladevorrichtung, die Zuschüsse des Arbeitgebers und die bezuschussten Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb und die Nutzung der Ladevorrichtung nachzuweisen; der Arbeitgeber hat diese Unterlagen als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren.

 

2. Bewertung von Immobilien bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer

Vermietete Immobilien werden für Zwecke der Erbschaft-/ Schenkungsteuer grds. nach dem Ertragswertverfahren bewertet. Wesentliche Berechnungsgrundlage sind die vertraglich vereinbarten Mieten. Einschränkend gilt insoweit, dass – wenn die vereinbarte Miete um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweicht – statt der vereinbarten Miete die ortsübliche Miete anzusetzen ist. Die ortsübliche Miete ist nach der gesetzlichen Vorgabe in Anlehnung an die Miete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Betriebskosten sind hierbei nicht einzubeziehen.

In der Praxis kommt es nicht selten zum Streit darüber, ob die vereinbarte Miete nun um die genannten 20 % von der ortsüblichen Miete abweicht. Unproblematisch ist diese Frage dann zu beantworten, wenn in einem Vermietungsobjekt mehrere gleichartige Wohnungen existieren und damit ein unmittelbares Vergleichsobjekt vorliegt. Regelmäßig können nur Bandbreiten vergleichbarer Mieten ermittelt werden. Zu dieser Fragestellung hat sich nun das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 19.10.2016 (Aktenzeichen 3 K 3002/15) geäußert. Im Kern stellt das Gericht Folgendes fest:

»» Bei der Bedarfsbewertung eines Mietwohngrundstücks für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer im Ertragswertverfahren ist zur Beantwortung der Frage, ob die vereinbarte Miete um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweicht – im Fall der Heranziehung von Mietspiegeln – auf die unteren bzw. oberen Spannenwerte des Mietspiegels und nicht auf den Mittelwert der Mietspiegelmiete abzustellen.

»» Liegt die vereinbarte Miete um mehr als 20 % über dem unteren oder oberen Spannenwert des Mietspiegels, so ist statt der vereinbarten Miete der Mittelwert der Mietspiegelmiete bei der Ermittlung des Rohertrags des Grundstücks anzusetzen.

Das Gericht geht also insbesondere davon aus, dass dann, wenn eine Spannweite der ortsüblichen Mieten existiert, wie dies üblicherweise bei dem Rückgriff auf einen Mietspiegel der Fall ist, alle Mieten innerhalb dieser Spannbreite als ortsüblich anzusehen sind.

Hinweis:

In der Praxis ist dringend anzuraten, für den konkreten Fall möglichst aussagekräftige Nachweise über eine Vergleichsmiete zu beschaffen, um diese ggf. der Finanzverwaltung vorlegen zu können. Gegebenenfalls kann durch einen Sachverständigen auch ein Mietgutachten erstellt werden.

 

3. Grundsatzentscheidung: Keine Steuerermäßigung für vertragsgemäße Kapitalauszahlung aus einer Pensionskasse

Nach bisheriger Sichtweise waren einmalige Kapitalabfindungen laufender Ansprüche gegen eine Pensionskasse mit einem ermäßigten Einkommensteuersatz zu versteuern, um den Progressionsnachteil, der durch die zusammengeballte Auszahlung entsteht, abzumildern. Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 20.9.2016 (Aktenzeichen X R 23/15) aber entschieden, dass eine begünstigte Besteuerung generell dann ausscheidet, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war.

Im entschiedenen Fall hatte die Stpfl. auf Grund einer Entgeltumwandlung Ansprüche gegen eine Pensionskasse erworben. Der entsprechende Vertrag sah vor, dass die Versicherte anstelle der Rente eine Kapitalabfindung wählen konnten. Hiervon machte die Stpfl. mit ihrem Ruhestandseintritt Gebrauch. Da die Beitragszahlungen als steuerfrei behandelt worden waren, hatte die Stpfl. die Kapitalabfindung unstreitig zu versteuern. Die Stpfl. erklärte die Zahlung im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als „Nachzahlung für mehrere Jahre“ und begehrte somit die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Dies hat der Bundesfinanzhof abgelehnt. Die Anwendung der Steuerermäßigung setzt stets voraus, dass die begünstigten Einkünfte als „außerordentlich“ anzusehen sind. Die Zusammenballung von Einkünften darf daher nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkunftserzielung entsprechen. Vorliegend war die Zahlung der Kapitalabfindung aber nicht atypisch, sondern vertragsgemäß, weil der Versicherten schon im ursprünglichen Vertrag ein entsprechendes Wahlrecht eingeräumt worden war.

Hinweis:

Diese Entscheidung dürfte große Breitenwirkung haben, da die Vereinbarungen regelmäßig auch wahlweise eine Einmalauszahlung vorsehen. Nebenbei hat der Bundesfinanzhof schließlich Zweifel geäußert, ob Verträge, die von Anfang an ein Kapitalwahlrecht vorsehen, überhaupt nach § 3 Nr. 63 EStG in seiner ab 1.1.2005 geltenden Fassung durch Steuerbefreiung der entsprechenden Einzahlungen gefördert werden können. Vorliegend war diese Frage nicht zu entscheiden.

 

4. Fahrtkosten bei Leiharbeitnehmern

Entgegen der Verwaltungsauffassung hat nach einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30.11.2016 (Aktenzeichen 9 K 130/16) ein Leiharbeitnehmer, auch wenn er längere Zeit in einem Entleiherbetrieb tätig ist, dort nicht die erste Tätigkeitsstätte, so dass er die Fahrtkosten in der tatsächlichen Höhe bzw. pauschal in Höhe von 0,30 € pro gefahrenem Kilometer geltend machen kann. Damit kommt insoweit nicht die ungünstigere Entfernungspauschale zur Anwendung, welche nur den Ansatz von 0,30 € je Entfernungskilometer zulässt.

Nach Auffassung des Gerichts ist die Anweisung des Leiharbeitgebers, „bis auf Weiteres“ in einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig zu sein, nicht unbefristet im Sinne der gesetzlichen Regelung zur Entfernungspauschale. Im Streitfall war der Stpfl. im gesamten Jahr 2014 für ein und denselben Entleiherbetrieb tätig. Sein eigenes Arbeitsverhältnis war jeweils befristet und wurde mehrfach verlängert.

Für das Finanzgericht war entscheidend, dass die Anweisung des Leiharbeitgebers, „bis auf Weiteres“ in einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig zu sein, nicht als unbefristet und damit dauerhaft im Sinne der gesetzlichen Regelung angesehen werden kann. Fehlt aber eine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb, kann eine erste Tätigkeitsstätte auch nicht aus dem Vorliegen der quantitativen Voraussetzungen hergeleitet werden. Das Gericht geht darüber hinaus davon aus, dass auf Grund der gesetzlichen Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung bereits

aus Rechtsgründen grundsätzlich bei Leiharbeitnehmern keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb denkbar ist. Nach den gesetzlichen Vorgaben für Leiharbeit ist nur eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zulässig.

Handlungsempfehlung:

Das Gericht hat die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen, welche nun unter dem Aktenzeichen VI R 6/17 anhängig ist. Insofern ist die Rechtslage noch nicht abschließend geklärt. Die nun anstehende Entscheidung des Bundesfinanzhofs hat jedenfalls große Bedeutung, da fast eine Million Leiharbeitnehmer betroffen sind, bei denen sich der Ansatz der Fahrtkosten zu ihren Entleiherbetrieben mindestens verdoppeln würde. In vergleichbaren Fällen sollte der Ansatz der Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen begehrt werden.

 

5. Arbeitszimmer bei Bereitschaftsdienst am Wochenende

Dem Finanzgericht München lag ein Fall zur Entscheidung vor, bei dem ein Arbeitnehmer, der als Leiter „Projektentwicklung International“ den Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer begehrte. Er war dienstvertraglich zur ständigen Erreichbarkeit auch am Wochenende im Rahmen internationaler Projekte verpflichtet, der Zugang zum Betriebsgebäude an Wochenenden war ihm aber nicht möglich. In diesen Bereitschaftszeiten musste der Arbeitnehmer ggf. mittels vom Arbeitgeber bereitgestellter Hardware und Fernzugriff zum Kunden Serviceleistungen ausführen, der dann aus dem Arbeitszimmer in der häuslichen Wohnung heraus erfolgte. Das Finanzamt lehnte den Abzug von Kosten für das häusliche Arbeitszimmer ab und führte zur Begründung aus, der Stpfl. verfüge in der Firma über einen anderen Arbeitsplatz; dass ihm dieser an Wochenenden nicht zur Verfügung stehe, sei unbeachtlich. Daher scheide nach der gesetzlichen Regelung der Abzug von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer aus. Das Finanzgericht entschied nun aber mit Urteil vom 27.8.2016 (Aktenzeichen 15 K 439/15) zu Gunsten des Arbeitnehmers und ließ den Abzug von Kosten für das häusliche Arbeitszimmer bis zu einem Betrag von 1 250 € pro Jahr als Werbungskosten zu. Entscheidend war, dass dem Arbeitnehmer für die berufliche Tätigkeit an Wochenenden kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, so dass dem Grunde nach ein Abzug möglich sei.

Hinweis:

Unerheblich ist insoweit, in welchem Umfang der Arbeitnehmer an Wochenenden das häusliche Arbeitszimmer tatsächlich nutzte, da dieser ja lediglich erreichbar sein musste und daher nur auf Anforderung tätig wurde. Maßgebend sei nur, dass das Arbeitszimmer die Kriterien, die an ein häusliches Arbeitszimmer im steuerlichen Sinne gestellt werden, erfülle. Es muss sich also insbesondere um einen abgeschlossenen Raum handeln, der nicht auch für private Zwecke mitgenutzt wird. Eine Prüfung der Notwendigkeit des ständigen Vorhaltens dieses Arbeitsplatzes darf entsprechend der allgemeinen Grundsätze zum Werbungskostenabzug nicht erfolgen.

 

6. Berücksichtigung des Barausgleichs des Stillhalters bei Optionsgeschäften als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung stellt der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 20.10.2016 (Aktenzeichen VIII R 55/13) klar, dass der Barausgleich des Stillhalters bei Optionsgeschäften als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.

Der Stpfl. tätigte diverse Optionsgeschäfte an der EUREX. Er räumte u.a. Verkaufsoptionen auf den Dow Jones-Euro Stoxx 50-Index (D-Index) mit der Verpflichtung ein, zum Ende der Laufzeit die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schlussabrechnungspreis und dem Basiswert auszugleichen (Option 1). Er erhielt hierfür eine Stillhalterprämie in Höhe von 168 952 €. Bei Endfälligkeit zahlte er einen Barausgleich („Cash-Settlement“) in Höhe von 165 791 €. Daneben räumte der Stpfl. Kaufoptionen auf den D-Index ein mit der Verpflichtung, zum Ende der Laufzeit die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schlussabrechnungspreis und dem Basiswert auszugleichen (Option 2). Er erhielt hierfür eine Stillhalterprämie in Höhe von 11 702 € und zahlte bei Endfälligkeit einen Barausgleich in Höhe von 19 299 €.

Der Stpfl. stellte in der Einkommensteuererklärung den Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts. Er machte geltend, dass bei den vom Stpfl. im Streitjahr erzielten Stillhalterprämien i.H.v. insgesamt 203 135,23 € der bei Endfälligkeit gezahlte Barausgleich i.H.v. insgesamt 185 090 € in Abzug zu bringen sei.

Dem folgte der Bundesfinanzhof nun im Grundsatz. Für das aktuelle Recht, also unter Geltung der Abgeltungsteuer, stellt das Gericht fest, dass das Ergebnis aus den Optionsgeschäften steuerlich zu erfassen ist. Ausdrücklich werden Wertzuwächse aus Termingeschäften erfasst. Zu den Termingeschäften gehören auch Optionsgeschäfte. Der vom Stillhalter gezahlte Barausgleich ist danach als Verlust bei einem Termingeschäft steuerlich zu berücksichtigen.

Hinweis:

Verluste aus derartigen Optionsgeschäften können mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.

 

7. Bestätigung: Verluste aus verfallenen Knock-out-Produkten können steuerlich geltend gemacht werden

Das Finanzgericht Köln hat mit Urteil vom 26.10.2016 (Aktenzeichen 7 K 3387/13) die schon von anderen Finanzgerichten vertretene Auffassung bestätigt, wonach der Verlust aus verfallenen Knock-out-Zertifikaten – unter Geltung der Rechtslage nach Einführung der Abgeltungsteuer – unabhängig davon steuerlich zu berücksichtigen ist, ob diese als wertlos verfallen oder zu einem lediglich symbolischen (sehr geringen) Preis zurückgekauft werden (sog. Stop-Loss- Schwelle). Voraussetzung sei nur, dass das auslösende Moment für den Verlust aus dem Zertifikat das Erreichen der Stopp-Loss-Schwelle ist. Das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebiete, dass Veräußerungsgewinne steuerlich umfassend erfasst werden. Nichts anderes darf auch für eingetretene Verluste gelten. Bei Knockout- Zertifikaten handele es sich um Termingeschäfte. Schließe ein Stpfl. mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, ein Termingeschäft ab, so ist jedweder Ausgang des Geschäfts in vollem Umfang steuerbar.

Hinweis:

Diese Ansicht ist strittig. Die Finanzverwaltung erkennt Verluste aus dem Wertloswerden von Knock-out-Produkten wegen Eintritts des Knock-out-Ereignisses nicht an. Insofern ist vor dem Bundesfinanzhof nun unter dem Aktenzeichen VIII R 1/17 ein Revisionsverfahren anhängig, so dass im Falle eines Einspruchs Verfahren mit Hinweis hierauf ruhen können. Hierzu ist ein weiteres Verfahren anhängig unter dem Aktenzeichen VIII R 37/15. Die Oberfinanzdirektion NRW teilt nun aber mit Kurzinformation vom 27.12.2016 mit, dass immerhin Verluste aus als wertlos verfallenen Optionen steuerlich anerkannt werden. Allerdings werden diese Fälle von den depotführenden Banken noch unterschiedlich behandelt. Gegebenenfalls müssen die erlittenen Verluste im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht werden. In diesem Fall müssen folgende Nachweise vorgelegt werden:

– Bescheinigung des Kreditinstituts, aus der hervorgeht, dass die Verluste bisher nicht berücksichtigt wurden und auch zukünftig nicht mehr berücksichtigt werden und

– Abrechnungsunterlagen für den Verlustnachweis als solchen (z.B. Kauf- und Verkaufsbelege, Erträgnisaufstellungen etc.).

 

8. Verluste aus der Veräußerung von Aktien, wenn der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt

Es kann der Fall eintreten, dass Aktien nahezu wertlos werden und selbst eine Veräußerung dieser nur zu einem symbolischen Preis möglich ist, der möglicherweise gerade die Transaktionskosten deckt. Die Finanzverwaltung vertritt die Ansicht, dass eine Veräußerung dann nicht vorliegt, wenn der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt. Diese Frage ist deshalb von Bedeutung, da die Realisierung des Verlusts aus dem Geschäft zwingend einen Veräußerungsvorgang voraussetzt.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat nun mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 26.10.2016 (Aktenzeichen 2 K 12095/15) diese Auffassung der Finanzverwaltung verworfen. Eine Veräußerung liege vielmehr auch vor, wenn bei einer Veräußerung von Aktien der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt. Im Urteilsfall hatte der Stpfl. in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 800 Aktien zu einem Preis von insgesamt 5 800 € erworben. Einen Teil dieser Aktien verkaufte er im Oktober 2013 zu einem Verkaufspreis von insgesamt 8 €, wobei die Bank in gleicher Höhe Transaktionskosten einbehielt. Den zweiten Teil der Aktien veräußerte er am 20.12.2013 zu einem Verkaufspreis von insgesamt 6 €, wobei wiederum in gleicher Höhe Transaktionskosten berechnet wurden.

Das Finanzgericht argumentiert, dass eine Veräußerung die entgeltliche Übertragung des Eigentums auf einen Dritten ist. Eine entgeltliche Anteilsübertragung liegt auch dann vor, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden. Zudem wurde im Urteilsfall sogar ein geringes Entgelt (in Höhe von 14 €) gezahlt. Die Transaktionskosten sind dabei nicht als Minderung des Veräußerungspreises anzusehen. Daher lagen vorliegend Veräußerungen vor und mithin war der wirtschaftliche Gesamtverlust von 5 800 € steuerlich zu berücksichtigen.

Hinweis:

Die Bank verzichtete mit Hinweis auf die Anweisung der Finanzverwaltung auf eine Einbuchung des durch die Verkäufe entstanden Verlusts i.H.v. insgesamt 5 800 € in die entsprechenden Verlustverrechnungstöpfe. Das Finanzgericht stellt insoweit klar, dass der Verlust auch ohne Bescheinigung der Bank im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden kann, da aus Sicht der Bank wegen der für sie bindenden Verwaltungsanweisung kein „nicht ausgeglichener Verlust“ vorlag und somit eine Bescheinigung des Verlustes nicht erreicht werden konnte.

Handlungsanweisung:

Stpfl. mit entsprechenden Depotbeständen sollten entsprechende Transaktionen anhand ihrer Erträgnisaufstellungen bzw. Kontoauszüge im Blick behalten und im Zweifel steuerlichen Rat einholen, damit etwaige Verluste rechtzeitig steuerlich geltend gemacht werden können.

 

Alle Informationen wurden sorgfältig geprüft. Für die Vollständigkeit, Richtigkeit und letzte Aktualität kann dennoch keine Garantie übernommen werden.

© Stollfuß Medien GmbH & Co.

Fachgebiete

Geschäftskunden

Geschäftskunden

Die Betreuung unserer Geschäftskunden ist speziell auf die verschiedenen Gesellschaftsformen abgestimmt. Von der Gründung, der Beratung sowie der Fertigung von Jahresabschlüssen decken wir das gesamte Spektrum des Unternehmerdaseins ab.

Gehaltsabrechnungen

Gehaltsabrechnungen

Die Verantwortlichkeiten und Aufgaben zur ordnungsgemäßen Abrechnung der Gehälter haben sich für jeden Arbeitgeber in den vergangenen Jahren erheblich verschärft. Die wechselnden Bedingungen erfordern flexible Lösungen...

Privatkunden

Privatkunden

Wir stehen für Privatkunden in allen steuerlichen Bereichen zur Verfügung. Ob es um die jährliche Einkommensteuererklärung geht, den Erwerb einer Immobilie oder Erbangelegenheiten. Fragen Sie uns!

aktuelle Steuerinformationen

  • Steuernews 03/2024

    Guten Tag, der Bundesfinanzhof entschied, dass die Nennung eines Einstellungsorts in einem Arbeitsvertrag für sich allein keine dauerhafte Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 02/2024

    Guten Tag, bisher lehnte die Finanzverwaltung Steuerbegünstigungen für Winterdienst- bzw. Schneeräumkosten betreffend öffentliche Gehwege mit der Begründung ab, dass die Dienstleistungen nicht...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 01/2024

    Guten Tag, zum Jahreswechsel stehen wieder einmal eine Menge gesetzlicher Neuerungen und Änderungen, formale Änderungen und Erleichterungen an. Der Jahreswechsel wird aber auch überschattet...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 12/2023

    Guten Tag, das Finanzgericht Düsseldorf hatte über die steuerliche Qualifizierung von Einkünften aus der Vermietung und Veräußerung von Containern im Rahmen eines Investments zu entscheiden. Die...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 11/2023

    Guten Tag, der Bundesfinanzhof nahm dazu Stellung, ob Abfindungen, die als Entschädigungsleistungen für den Verlust von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geleistet werden, zur Vermeidung...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 10/2023

    Guten Tag, neben interessanten Entscheidungen der Gerichte, fällt der Schwerpunkt dieser Monatsinformation auf die Gesetzgebung. Der Bundestag hat am 08.09.2023 die Novelle des...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 09/2023

    Guten Tag, im Falle des sog. Bondstrippings von im Privatvermögen gehaltenen Bundesanleihen sind nach einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg bei Veräußerung der Zinsscheine die...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 08/2023

    Guten Tag, das Finanzgericht Münster entschied, dass die im Jahr 2020 gezahlten Corona-Hilfen keine außerordentlichen Einkünfte darstellen, die in der Einkommensteuer nur ermäßigt zu besteuern...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 07/2023

    Guten Tag, der Bundesfinanzhof nahm dazu Stellung, wie die Tatbestandsmerkmale "finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung" der gesetzlichen Neuregelung im Rahmen der Doppelten...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 06/2023

    Guten Tag, ob eine Wohnung „zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird“, stellt häufig eine zentrale Frage in steuerlichen Verfahren dar. Kürzlich nahm das Finanzgericht Düsseldorf Stellung zur Frage...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 05/2023

    Guten Tag, der Bundesfinanzhof nahm Stellung zur Frage der Verwirklichung des Tatbestands der Einkunftsart "Vermietung und Verpachtung" eines schenkweise und befristeten Quotennießbrauchs,...

    Mehr lesen...

  • Steuernews 04/2023

    Guten Tag, Veräußerungsgewinne, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Monero erzielt, unterfallen nach...

    Mehr lesen...

    Wir benutzen Cookies
    Wir verwenden Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.