SteuerBlick
Aktuelle Informationen aus dem Steuerrecht
Juni 2016
Inhaltsübersicht
1. Steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus
2. Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
3. Neue Hinzuverdienstgrenzen für Rentner ab 1.7. 4. Doppelte AfA bei Bebauung des Ehegattengrundstücks
5. Nutzungsausfallentschädigung für bewegliches Betriebsvermögen immer Betriebseinnahme
6. Grundsatzentscheidung zur Gewerbesteueranrechnung bei unterjährigem Gesellschafterwechsel
7. Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Integrationsprojekte und Werkstätten für behinderte Menschen
8. Umsatzsteuerliche Behandlung der unentgeltlichen Wertabgabe von Sachspenden
1. Steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus
Der Finanzausschuss hat am 27.4.2016 die ursprünglich geplante Beschlussfassung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus zurückgestellt. Insoweit wird noch „Beratungsbedarf“ gesehen, was nichts anderes bedeutet, als dass noch keine Einigung über die Ausgestaltung der Förderinstrumente besteht. Mit dem Gesetz soll der Mietwohnungsneubau besonders in Gebieten mit angespannter Wohnungslage gefördert werden. Dazu soll nach bisherigen Planungen eine steuerliche Sonderabschreibung eingeführt werden.
Hinweis:
Das weitere Schicksal des Gesetzentwurfs und insbesondere die Ausgestaltung der möglichen steuerlichen Förderung bleiben daher offen. Der Bundesrat hatte zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen und etliche Änderungsvorschläge vorgetragen. Stehen aktuell entsprechende Neubauvorhaben an, ist ungewiss, ob diese steuerlich gefördert werden.
2. Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
Das Besteuerungsverfahren in Deutschland soll umfassend modernisiert werden. Kernpunkt ist ein deutlich stärkerer Einsatz der EDV. Der Deutsche Bundestag hat am 12.5.2016 diesem Gesetzentwurf in zweiter und dritter Lesung zugestimmt, nachdem zuvor 24 Änderungen an dem Entwurf vorgenommen worden waren. Kernpunkte der nun vorgenommenen Änderungen am Gesetzentwurf sind:
»» Wie bislang soll die verspätete Abgabe der Steuererklärung geahndet werden. Im Gegensatz zum aktuellen Recht sind aber deutliche Verschärfungen vorgesehen. Der Verspätungszuschlag soll zukünftig im Regelfall festgesetzt werden und nicht mehr nach Ermessen des Bearbeiters im Finanzamt. Allerdings wurde die ursprünglich vorgesehene Höhe des Verspätungszuschlags nun von 50 € auf 25 € pro Monat reduziert und die Festsetzung soll nicht mehr in jedem Fall automatisch erfolgen, wie das ursprünglich geplant war. Auch soll der Zuschlag nur diejenigen betreffen, die Steuern nachzahlen müssen.
»» Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung (ohne Mitwirkung eines Steuerberaters) soll von Ende Mai auf Ende Juli des Folgejahres verlängert werden. Stpfl., die von Steuerberatern beraten werden, bekommen zwei Monate mehr Zeit zur Abgabe ihrer Erklärung als bislang, so dass die Jahressteuererklärung künftig am 28. Februar des Zweitfolgejahres vorliegen muss.
»» Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung sollen zukünftig Steuererklärungen soweit möglich automatisiert bearbeitet werden.
Hinweis:
Die Zustimmung des Bundesrats steht noch aus. Diese dürfte in der Plenarsitzung am 17.6.2016 erfolgen. Insgesamt sind durchaus auch für die Stpfl. Vereinfachungen zu erwarten. So soll z.B. die heutige Pflicht zur Vorlage von Belegen beim Finanzamt weitgehend entfallen. Andererseits werden sich die Stpfl. darauf einstellen müssen, dass zukünftig deutlich höhere Anforderungen an den EDV-Einsatz gestellt werden. Das Gesetz soll am 1.1.2017 in Kraft treten, wobei die Regelungen überwiegend erst schrittweise eingeführt werden.
3. Neue Hinzuverdienstgrenzen für Rentner ab 1.7.2016
Zum 1.7.2016 steigen die Renten in den alten Bundesländern um 4,25 % und in den neuen Bundesländern um 5,95 %. Zudem erhöht sich der aktuelle Rentenwert zum 1.7.2016 in den alten Bundesländern (West) von 29,21 € auf 30,45 €. In den neuen Bundesländern steigt der aktuelle Rentenwert (Ost) von 27,05 € auf 28,66 €. Der aktuelle Rentenwert ist eine wichtige Bestimmungsgröße für die Frage der Hinzuverdienste zu bestimmten Renten. Die Erhöhung des Rentenwerts kann also im Einzelfall zu einer Erhöhung der zulässigen Hinzuverdienstgrenzen führen. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenzen ist abhängig von der Rentenart und vom Verdienst in der letzten Zeit vor Rentenbeginn bzw. vor Eintritt der Erwerbsminderung, wobei auch einkommensunabhängige Mindest-Hinzuverdienstgrenzen gelten.
Hinweis:
Wenn die Regelaltersgrenze bereits erreicht ist, kann grundsätzlich unbegrenzt hinzuverdient werden. In diesem Fall muss die Beschäftigung auch nicht dem Rentenversicherungsträger gemeldet werden.
Handlungsempfehlung:
Wird eine Altersrente bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze bezogen, gelten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besondere Hinzuverdienstregelungen und die Erwerbstätigkeit ist dem Rentenversicherungsträger zu melden. In diesem Fall sollte rechtzeitig geprüft werden, ob auf Grund Überschreitens der Hinzuverdienstregelung eine Rentenkürzung droht. Die jeweils geltenden Hinzuverdienstgrenzen erfahren Rentenbezieher in der Regel aus ihrem Rentenbescheid. Da sich die Hinzuverdienstgrenzen jedoch nun ändern, empfiehlt es sich, zusätzlich beim Rentenversicherungsträger die individuelle Hinzuverdienstgrenze zu erfragen.
4. Doppelte AfA bei Bebauung des Ehegattengrundstücks
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 9.3.2016 (Aktenzeichen X R 46/14) eine für die Gestaltungspraxis äußerst interessante Entscheidung getroffen. Im Urteilsfall hatte der Vater des Stpfl. schon in den 1960er Jahren mehrere Betriebsgebäude auf Grundstücken errichtet, die zur Hälfte auch der Mutter des Stpfl. gehörten. Er nahm Abschreibungen auf seine Baukosten vor. Im Jahr 1993 übertrug der Vater den Betrieb unentgeltlich auf den gemeinsamen Sohn (den Stpfl.). Gleichzeitig übertrugen der Vater und die Mutter die betrieblich genutzten Grundstücke ebenfalls unentgeltlich auf den Sohn. Fraglich war die Abschreibung des Gebäudes beim Sohn.
Zunächst stellt der Bundesfinanzhof fest, dass wenn der Unternehmer-Ehegatte (im Urteilsfall der Vater) mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem den Ehegatten gemeinsam gehörenden Grundstück errichtet, der Nichtunternehmer-Ehegatte (im Urteilsfall die Mutter) sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils wird. Dieser Gebäudeteil gehört zu seinem Privatvermögen. Insoweit können auch Wertsteigerungen in diesem Grundstücksanteil nicht der Besteuerung unterliegen.
Dennoch ist es möglich, dass der Unternehmer- Ehegatte die von ihm getragenen Aufwendungen für das Gebäude in vollem Umfang (über Abschreibungen) als Betriebsausgaben geltend macht. Insoweit ist entscheidend, dass der Unternehmer-Ehegatte diese Aufwendungen wirtschaftlich alleine getragen hat und damit diesem auch der Betriebsausgabenabzug zusteht. Insoweit sind die für Gebäude maßgebenden Abschreibungsvorschriften anzuwenden. Jedoch führt dies nicht dazu, dass Wertsteigerungen aus dem Nichtunternehmer-Ehegatten zuzurechnenden Grundstücksanteil dem Unternehmer-Ehegatten zuzurechnen seien.
Fraglich war nun die Behandlung der Übertragung des Gebäudes und des Grundstücks auf den Sohn: Soweit es um die Übertragung von Wirtschaftsgütern ging, die dem Vater gehörten, muss der Sohn die Buchwerte aus den Bilanzen des Vaters fortführen. Sofern die Übertragung den der Mutter zuzurechnenden Grund und Boden betraf, war unstrittig eine Einlage mit dem Teilwert zu erfassen. Umstritten war hingegen die Behandlung der Gebäudeteile, die zivilrechtlich der Mutter gehörten. Der Stpfl. sah in der Schenkung dieser Gebäudeteile eine Einlage in seinen Betrieb. Diese Einlage bewertete er ebenfalls mit dem aktuellen Teilwert der Gebäudeteile.
Da der Teilwert erheblich höher war als der Restbuchwert des Bilanzpostens, der in den Bilanzen des Vaters verblieben war, eröffnete dies dem Stpfl. die Möglichkeit zur Vornahme erneuter hoher AfA-Beträge auf die von seinem Vater in der Vergangenheit schon nahezu abgeschriebenen Gebäudeteile. Diese rechtliche Beurteilung des Stpfl. hat der Bundesfinanzhof jetzt bestätigt. Insbesondere sei die Einlage des zuvor im Privatvermögen der Mutter gehaltenen Gebäudeteils mit dem Teilwert (also im Ergebnis der Verkehrswert im Einlagezeitpunkt) zu bewerten, welcher in der Folge die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen bildet. Dies hat zur Folge, dass in derartigen Fällen im Ergebnis eine doppelte Abschreibung möglich ist, obwohl die Baukosten nur einmal anfallen.
Handlungsempfehlung:
Durch derartige Gestaltungen können sich also steuerlich erhebliche Vorteile ergeben. Insoweit ist eine vorausschauende Planung dringend erforderlich.
5. Nutzungsausfallentschädigung für bewegliches Betriebsvermögen immer Betriebseinnahme
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 27.1.2016 (Aktenzeichen X R 2/14) entschieden, dass die Nutzungsausfallentschädigung für ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens selbst dann in vollem Umfang Betriebseinnahme ist, wenn das Wirtschaftsgut teilweise auch privat genutzt wird.
Der Stpfl., ein selbständiger Versicherungsagent, hielt ein Fahrzeug im Betriebsvermögen, das er auch privat nutzte. Den Privatanteil ermittelte er nach der sog. 1 %-Regelung. Für einen Nutzungsausfall auf Grund eines Unfalls erhielt er von der Versicherung des Unfallverursachers eine Entschädigung. Das Finanzamt behandelte diese uneingeschränkt als Betriebseinnahme. Der Stpfl. machte demgegenüber geltend, dass der Unfall sich auf einer Privatfahrt ereignet habe und er außerdem für die Zeit des Nutzungsausfalls kein Ersatzfahrzeug angemietet, sondern Urlaub genommen habe.
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Ansicht des Finanzamts. Bewegliche Wirtschaftsgüter sind selbst dann, wenn sie gemischt genutzt werden, ungeteilt entweder Betriebsvermögen oder Privatvermögen. Vereinnahmt der Stpfl. im Zusammenhang mit Schäden am Wirtschaftsgut Ersatzleistungen, richtet sich deren steuerliche Beurteilung nach der Zuordnung des Wirtschaftsguts. Das gilt unabhängig davon, bei welcher Gelegenheit der Schaden entstanden ist und wie der Stpfl. auf den Schaden reagiert.
Hinweis:
Hinsichtlich der Nutzungsausfallentschädigung für ein gemischt genutztes Fahrzeug ist allerdings zu differenzieren:
(1.) Wird die Privatnutzung des Fahrzeugs nach der sog. 1 %-Regelung ermittelt, so ist die Nutzungsausfallentschädigung mit diesem pauschalen Wert mit abgegolten. Die Tatsache, dass dem Stpfl. während des Entschädigungszeitraums kein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung steht, kann aber bei einem längeren Ausfall dazu führen, dass für diesen Zeitraum keine Privatnutzung nach der sog. 1 %-Regelung zu berechnen ist.
(2.) Wird die Privatnutzung dagegen nach dem mittels ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs nachgewiesenen Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten ermittelt, so wirkt sich die Nutzungsausfallentschädigung im Ergebnis nur anteilig auf den Gewinn aus, da die Ersatzleistung die Aufwendungen für das Fahrzeug insgesamt mindert. Damit setzt das Gericht die Rechtsprechung zu Schadenersatzleistungen fort, die als Ausgleich für Substanzverluste oder Substanzschäden vereinnahmt werden. Diese sind stets Betriebseinnahmen, wenn sie an die Stelle eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens treten. Für den Verlust der Nutzungsmöglichkeit gilt nichts anderes. Auch der Gebrauchsvorteil eines Wirtschaftsguts ist ausschließlich dem Betrieb zuzuordnen, wenn das Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen gehört.
Hinweis:
Entscheidend ist somit, ob das Wirtschaftsgut – vorliegend das Fahrzeug – dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zugeordnet wird. Insoweit bestehen feste Regelungen: Überwiegt die betriebliche Nutzung (mehr als 50 %), so liegt zwingend steuerliches Betriebsvermögen vor. Beträgt die betriebliche Nutzung mindestens 10 %, aber nicht mehr als 50 %, so kann das Wirtschaftsgut unter bestimmten Bedingungen wahlweise dem Betriebsvermögen zugeordnet werden. Ist die betriebliche Nutzung kleiner 10 %, so liegt zwingend steuerliches Privatvermögen vor.
Handlungsempfehlung:
Gerade bei gemischt genutzten Fahrzeugen ist der Nachweis über den betrieblichen Nutzungsanteil bzw. über die Schwelle – mehr als 50 % – zu führen. Dies erfolgt anhand geeigneter Unterlagen. Hierfür kommen in Frage: ein steuerliches Fahrtenbuch, ein repräsentativ geführtes Fahrtenbuch (drei Monate) oder auch Reisekostenabrechnungen/ Reisekostenaufstellungen/Terminkalender.
6. Grundsatzentscheidung zur Gewerbesteueranrechnung bei unterjährigem Gesellschafterwechsel
Die Gewerbesteuerbelastung eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft wird bei der Einkommensteuer des Unternehmers bzw. der Gesellschafter durch eine Steuerermäßigung wieder weitgehend ausgeglichen (sog. Gewerbesteueranrechnung). Bei Personengesellschaften ist insoweit allerdings zu beachten, dass Schuldner der Gewerbesteuer die Personengesellschaft selber ist. Daher wird der Gewerbesteuer-Messbetrag als Ausgangsgröße für die Gewerbesteuer und gleichzeitig Ausgangsgröße für die Gewerbesteueranrechnung gegenüber der Personengesellschaft als Gesamthand festgestellt. Da die Gewerbesteueranrechnung aber erst auf Ebene der Gesellschafter bei deren Einkommensteuerveranlagung erfolgt, wird nun der für die Personengesellschaft festgestellte Gewerbesteuermessbetrag im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen auf die Gesellschafter aufgeteilt. Auf Ebene der Gesellschafter setzt das jeweilige Wohnsitzfinanzamt dann mittels der anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge die Steuerermäßigung auf die Einkommensteuer fest.
Hinsichtlich der Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags hat der Gesetzgeber eine bewusst pauschalierende Annahme getroffen und festgelegt, dass die Aufteilung nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zu erfolgen hat. An einzelne Gesellschafter gezahlte Vergütungen oder Ergebnisse aus den Sonderbetriebsvermögen, die im Ergebnis zu unterschiedlichen Gewinnzuweisungen führen, beeinflussen die Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags nicht. Hintergrund ist insbesondere, dass Schuldner der Gewerbesteuer die Personengesellschaft ist und die Gewerbesteuer daher als Betriebsausgabe das Gesamthandsergebnis der Personengesellschaft belastet und damit wirtschaftlich die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote trifft.
Vor diesem Hintergrund war nun strittig, wie bei einem unterjährigen Gesellschafterwechsel zu verfahren ist. Konsequent hat der Bundesfinanzhof nun mit Urteil vom 14.1.2016 (Aktenzeichen IV R 5/14) entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung und auch der herrschenden Meinung im Schrifttum entschieden, dass auch in diesen Fällen auf den Gewinnverteilungsschlüssel am Ende des Wirtschaftsjahres der Personengesellschaft abzustellen ist. Das Gericht führt hierzu aus, dass die Gewerbesteuer erst mit Ablauf des Jahres entsteht. Insoweit trifft der Aufwand nur die zu diesem Zeitpunkt an der Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmer auf der Grundlage des gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssels, nicht hingegen die im Laufe des Jahres ausgeschiedenen Gesellschafter. Im Ergebnis wird dem unterjährig ausscheidenden Gesellschafter damit kein Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag zugewiesen und dieser kann folglich auch keine Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer beanspruchen. Dies gilt selbst dann, wenn sich der aus der Gesellschaft ausgeschiedene Veräußerer zivilrechtlich zur Übernahme der auf einen Veräußerungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer verpflichtet hat.
Hinweis:
Der Bundesfinanzhof betont mehrfach, dass die pauschalierende Vorgehensweise des Gesetzgebers bei der Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags auf die einzelnen Gesellschafter dazu führen kann, dass die Steuerermäßigung nicht dem Gesellschafter zugutekommt, der eine entsprechende Einkommensteuerbelastung aus dem Gewinnanteil der Personengesellschaft hat, oder gar Steuerermäßigungspotenzial endgültig verlorengehen kann (sog. Anrechnungsüberhänge). Dies gilt im Besonderen für Veräußerungsfälle. Insoweit verweist das Gericht auf die Möglichkeit des Ausgleichs der Gesellschafter untereinander auf zivilrechtlicher Basis. Dies erfordert entsprechende Steuerklauseln. Daher ist im konkreten Fall sorgfältig zu prüfen, ob ein Ausgleich unter den Gesellschaftern geboten ist und dieser wäre dann unter den Gesellschaftern vertraglich zu vereinbaren.
7. Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Integrationsprojekte und Werkstätten für behinderte Menschen
Werkstätten für behinderte Menschen können den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % bislang nur auf den Verkauf von Waren, die in einer Werkstätte für behinderte Menschen selbst hergestellt worden sind, sowie auf den Verkauf von zugekauften Waren anwenden, wenn diese be- oder verarbeitet wurden und hierdurch eine Wertschöpfungsgrenze überschritten wurde. Die Ermäßigung ist dagegen nicht auf sonstige Leistungen, die keine Werkleistungen sind, anwendbar, da ihnen das dem Begriff einer Werkstatt innewohnende Element der Herstellung oder Be-/Verarbeitung fehlt.
Diese enge Auffassung gibt die Finanzverwaltung nun auf, wie mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 25.4.2016 (Aktenzeichen III C 2 – S 7242- a/09/10005, DOK 2016/0386007) bekannt gegeben wurde. Grund für die geänderte Auffassung sei, dass der bisherigen Abgrenzung ein überholtes Bild einer Werkstatt für behinderte Menschen zugrunde läge. Werkstätten für behinderte Menschen sind Einrichtungen zur Eingliederung behinderter Menschen in das Arbeitsleben und zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Begriff der Werkstatt ist nicht ausschließlich auf eine Funktion als Produktionsbetrieb beschränkt, also nicht auf eine Einrichtung, in deren teilstationären Bereich, also dem eigentlichen Einrichtungsbereich, Menschen mit Behinderungen Produkte herstellen. An die Werkstätten ist nach der Werkstättenverordnung die fachliche Anforderung gestellt, dass sie über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen verfügen müssen, um Art und Schwere der Behinderung, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit, Entwicklungsmöglichkeit sowie Eignung und Neigung der behinderten Menschen soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Die Arbeitsplätze sollen in ihrer Ausstattung soweit wie möglich denjenigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechen. Werkstätten für behinderte Menschen können folglich auch Verpackungs- und Montagearbeiten ausführen, Handelsumsätze tätigen und Dienstleistungsangebote wie Garten- und Außenanlagepflege vorhalten sowie Märkte und Gastronomiebetriebe führen. Ihr Charakter als Werkstatt für behinderte Menschen ändert sich dadurch nicht.
Hinweis:
Damit sind neben dem Verkauf von Waren, die in einer Werkstätte für behinderte Menschen selbst hergestellt worden sind, grundsätzlich auch Verpackungs- und Montageumsätze, Handelsumsätze, Dienstleistungsangebote wie Garten- und Außenanlagepflege, Märkte und Gastronomiebetriebe, soweit sie nach dem Sozialgesetzbuch als zusätzlicher Arbeitsbereich, zusätzlicher Betriebsteil oder zusätzliche Betriebsstätte einer Werkstatt für behinderte Menschen anerkannt sind, begünstigt. Diese erheblich erweiterten Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Werden diese Leistungen von Unternehmern bezogen, ergeben sich allerdings wegen des Vorsteuerabzugs im Ergebnis regelmäßig keine Änderungen. Definitive Entlastungen ergeben sich allerdings dann, wenn diese Leistungen an Privatpersonen erbracht werden.
8. Umsatzsteuerliche Behandlung der unentgeltlichen Wertabgabe von Sachspenden
Sachspenden unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer. Die Umsatzbesteuerung dient der Kompensation des vorangegangenen Vorsteuerabzugs und verhindert einen systemwidrigen unversteuerten Letztverbrauch. Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen stellt nun mit Verfügung vom 22.12.2015 (Aktenzeichen S 7109 31 – St 171) klar, dass die Bemessungsgrundlage einer Sachspende sich nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende bestimmt. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände.
Hinweis:
Spendet ein Unternehmer Waren, die nicht mehr verkäuflich sind, wird der Wert naturgemäß gegen 0 € tendieren. Hierunter dürften insbesondere Lebensmittel, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, Frischwaren, wie Obst und Gemüse mit Mängeln, oder Artikel des Non-Food-Bereichs mit falscher Etikettierung oder unzureichender Befüllung fallen.
Handlungsempfehlung:
Im Praxisfall ist dann eine Proforma-Rechnung zu erstellen und diese umsatzsteuerlich zu erfassen. Die Wertermittlung sollte ausreichend dokumentiert werden. In der Regel benötigt auch die spendenempfangende Organisation zur Ausstellung der Sachspendenbescheinigung einen entsprechenden Wertnachweis.
Alle Informationen wurden sorgfältig geprüft. Für die Vollständigkeit, Richtigkeit und letzte Aktualität kann dennoch keine Garantie übernommen werden.
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